(es gilt das gesprochene Wort)

Sehr geehrte Staatsrätinnen und Staatsräte,
geschätzte Nationalrätinnen und Ständeräte,
geschätzter Bürgermeister, geschätzter Pfarrer,
geschätzte Vertreterinnen und Vertreter der kantonalen und kommunalen Behörden,
geschätzte Vertreterinnen und Vertreter der Unternehmen,
liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Bundesamtes für Strassen,
liebe Gäste,

Mit grosser Freude heisse ich Sie willkommen zur Andrehfeier für die zweite Röhre des Gotthard-Strassentunnels – ein Meilenstein für die wichtigste Nord-Süd-Verbindung der Schweiz.

Ich möchte meine Ansprache mit einem Zitat des ehemaligen Bundesrates Hans Hürlimann beginnen, der in seiner Rede am 26. März 1976 anlässlich des Durchschlags des heutigen Gotthard-Strassentunnels erklärte, die Gotthard-Infrastruktur sei ein Beitrag zur Vereinigung der Völker: «Wir feiern ein Werk, das durch den menschlichen Geist möglich wurde – sagte Hürlimann – durch zähe Hingabe und harte Arbeit. Ein Jahrhundertwerk: den längsten Alpen-Tunnel der Welt. Wenn wir uns nach dem Durchbruch die Hand reichen können, dann soll dies eine Verpflichtung für alle Menschen und alle Völker sein: Hindernisse zu überwinden und einander immer freier und friedlicher zu begegnen.»
Eine Botschaft, die angesichts der schwierigen geopolitischen Lage der Schweiz, Europas und der Welt, in der wir leben, auch heute noch aktuell ist und die ich Ihnen daher zu diesem Andrehfest erneut mitgeben möchte.

Der gleiche Bundesrat – und so offen und transparent will ich als Verkehrsminister mit Ihnen sein – versprach der Bevölkerung, der Gotthard-Strassentunnel werde «niemals ein Korridor für den Schwerverkehr».

Aber heute wollen wir nicht über Verlagerungspolitik sprechen. Heute geht es um Sie – die Mineure, Bauarbeiterinnen, Projektplaner und alle, die an diesem eindrücklichen Bauprojekt mitarbeiten.

Erlauben Sie mir dennoch, dass ich nun aber doch etwas behördentechnisch werde, denn die Geschichte des Tunnels ist eine politische Erfolgsgeschichte, eine Geschichte von Vorstössen, Bundesratsentscheiden und einer Volksabstimmung:
Am Anfang stand eine Motion der Tessiner Ständeräte Dick Marty und Filippo Lombardi. Sie forderten unter anderem den Bau einer zweiten Tunnelröhre am Gotthard. Sie sollte den Verkehrsfluss sicherstellen, während die erste Röhre saniert wird.

2012 entschied sich der Bundesrat nach intensiver Prüfung für diese Lösung, und 2016 bestätigte das Schweizer Volk diesen Entscheid mit einer klaren Mehrheit von 57 Prozent.

Ziel war es, die Gotthardachse ganzjährig befahrbar zu machen und den Personen- sowie Handelsverkehr sicherzustellen. Damit wird nicht nur die wirtschaftliche Verbindung zwischen der Schweiz und Europa gestärkt, sondern auch die Isolation des Tessins während der Sanierung verhindert.

In diesem Sinne handelt es sich beim Bau der zweiten Röhre nicht nur um ein Infrastrukturprojekt, sondern auch um ein Zeichen unseres politischen Weitblicks und unserer Fähigkeit, Verbindungen zu schaffen. Ganz zu schweigen von dem enormen Mehrwert, den dieser neue, zweiröhrige Tunnel in Bezug auf die Sicherheit all derer bringt, die ihn durchqueren werden.

Dieser politische Entscheid war mutig – genau wie die Menschen, die seit Jahrhunderten den Gotthard als Herausforderung und Verbindung zugleich gesehen haben. Ein Blick zurück auf den Namensgeber des Gebirges zeigt, wie sehr dieser Geist der Entschlossenheit unsere Geschichte geprägt hat. Der heilige Gotthard war ein Mann des Glaubens aber auch ein Pionier, der Strassen, Brücken und Klöster baute – Symbole der Einheit, des Fortschritts und des Wohlstands. Sein Name, eine Verbindung von „Gott“ und „Hard“, steht für Widerstandskraft und Entschlossenheit. Diese Eigenschaften brauchen wir auch heute für den Bau dieses gewaltigen Infrastrukturprojekts.

Die Mineure und Fachkräfte, die hier arbeiten, leisten herausragende Arbeit. Der Durchbruch in den Tiefen des Gotthard-Massivs erfordert Mut, Präzision und Teamgeist. Die beeindruckende Tunnelbohrmaschine, die hier zum Einsatz kommt, ist Sinnbild für Innovation und technische Exzellenz.

Das Beispiel des heiligen Gotthards erinnert uns auch daran, dass jedes grosse Werk auf der Fähigkeit beruht, über die Schwierigkeiten der Gegenwart hinauszuschauen und an künftige Generationen zu denken. So wie der heilige Gotthard seine Zeit zu verändern vermochte, indem er Menschen, Orte und Kulturen miteinander verband, so sind auch wir heute verpflichtet, eine Infrastruktur zu bauen, die nicht nur ein simpler Verkehrsträger ist, sondern ein Weg zum Wachstum unseres Landes.

Dieser Tunnel ist eine Brücke zwischen Vergangenheit und Zukunft, zwischen unseren Wurzeln und unseren Ambitionen. Eine technische und menschliche Herausforderung, die das Beste von uns verlangt: Kompetenz, Teamwork und Mut. Aber wir dürfen nicht vergessen, dass jede öffentliche Arbeit eine Gelegenheit ist, die Werte zu bekräftigen, die uns verbinden: Verantwortung gegenüber unserer Umwelt, Transparenz in unserem Handeln.

Alt-Bundesrat Hans Peter Tschudi sagte einst beim Spatenstich für den ersten Tunnel:

«Im Gotthardtunnel werden unzählige Handwerker und Fachleute aus allen technischen Bereichen die Gelegenheit haben, die gute Qualität der Schweizer Arbeit unter Beweis zu stellen. Und ein Heer von Facharbeitern aus vielen Ländern wird wichtige Dienste zur Vollendung dieses grossen Werkes beitragen können.»

Dieser Geist, den Bundesrat Tschudi hochleben liess, lebt auch heute weiter. Unser Dank gilt daher allen, die zu diesem gewaltigen Vorhaben beitragen: den Planern, Ingenieurinnen, Bauarbeiterinnen und Mineuren, Unternehmern, den Mitarbeitenden des ASTRA aber auch der Bevölkerung und den Behörden der Region für ihre Geduld und Unterstützung.

In diesem Sinne wünsche ich allen, die an diesem grossen Werk beteiligt sind, viel Erfolg, Sicherheit und ein herzliches Glück auf!

Andrehfeier zur zweiten Röhre des Gotthard-Strassentunnels